Erneuter Generalstreik

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24. März 1920

Erst am Mittwoch, dem 24. März 1920 , war es möglich, zehn Gewerkschaftsverhandlungen abzuhalten, in denen die Fortsetzung des Streiks beschlossen wurde, obwohl die Redner den vorläufigen Abbruch des Streiks empfahlen. Einstimmig forderte man die Freilassung aller anläßlich der letzten Kämpfe Inhaftierten. Auch die Eisenbahner, die bereits am Vormittag die Arbeit aufgenommen hatten, traten, erneut in den Streik, um die übrige Arbeiterschaft in ihrer berechtigten Forderung zu unterstützen. Der Aktionsausschuß und die Streikleitung richteten folgenden Anruf an die Arbeiter und Angestellten:

  • ,,Ungeheuerliches geht in Halle vor! Blindwütig rast die Soldateska! Trotz der mit dem Garnisonkommando getroffenen Vereinbarungen, nichts gegen die Führer und Angehörigen der revolutionären Kampftruppe zu unternehmen, hat man unzählige der Besten unserer Genossen verhaftet, verschleppt, mißhandelt und erschossen.
    Die Militärdiktatur, der Weiße Schrecken, tobt in Halle! Die Arbeiterschaft hat gestern mittag in Massenversammlungen ihrer flammenden Empörung über die Bestialität entmenschter Militärs Ausdruck gegeben und mit überwältigender Mehrheit beschlossen, die Arbeit nicht früher aufzunehmen, bis der letzte Verhaftete freigegeben ist! Arbeiter, Angestellte, Parteigenossen! Der Generalstreik wird in unverminderter Schärfe weitergeführt! Einmütig haben w bisher die Aktion geführt. Einmütig und geschlossen werden wir weiter ausharren im Kampf! Zeigen wir der militärischen Reaktion, daß wir nicht gewillt sind, uns willenlos unter ihre bruttale Gewalt zu beugen. Nieder mit der Militärdiktatur! Hoch der Generalstreik!“

Angesichts dieser Geschlossenheit der Hallischen Arbeiterschaft mag auch dem Garnisonkommando die Erkenntnis gekommen sein, daß die Arbeiterschaft unüberwindlich ist, wenn sie ihre Arbeitskraft verweigert. Schon am Donnerstag wurden die Verhafteten bis auf 16, die im Verdachte stehen. Verbrechen begangen zu haben, freigelassen. In einem Aufruf forderte die Streikleitung und der Aktionsausschuß die Arbeiter auf, am Freitag früh die Arbeit wieder aufzunehmen. Dieser Aufruf wurde in Tausenden von Exemplaren in den Straßen verbreitet. Bei manchem Arbeiter erregte die Abbruchsparole einige Verwunderung, da die Nachricht von der Haftentlassung noch keinen allgemeinen Glauben fand. Gegen Abend verbreitete sich jedoch immer mehr die Bestätigung dieser Nachricht. Am Freitagmorgen ist die Hallische Arbeiterschaft in stolzer Geschlossenheit wieder in die Betriebe gegangen, die sie 11 Tage zuvor verlassen hatte. Die Hallische Arbeiterschaft hat wiederum in revolutionärer Zeit bewiesen, daß sie es versteht, die Waffe des Generalstreiks scharf und schneidig zu führen. Möge aus der blutigen Saat dieser Märztage endlich Friede und Freiheit emporsprießen!«

„,“in: Volksblatt Halle , vom 31. März 1920, Beilage: „Vierzehn Tage ohne Zeitung. Ein Rückblick auf die Märztage in Halle. “ zitiert nach Der Kapp-Lüttwitz-Ludendorff-Putsch (2002 . S. 718f)

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