Räterepublik in Bremen ausgerufen
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10. Januar 1919
Die Proklamierung der Rätemacht
(in: Illustrierte Geschichte der deutschen Novemberrevolution 1918/19)
Die Berliner Januarkämpfe fanden den bedeutendsten Widerhall an der Wasserkante, besonders in Bremen, wo die von Johann Knief geführten Kommunisten großen Einfluß auf die revolutionäre Bewegung hatten. Fest entschlossen, die Berliner Revolutionäre wirkungsvoll zu entlasten, hatte die Leitung der Bremer Parteiorganisation der KPD —ohne den Anfang Januar schwer erkrankten Johann Knief (er starb am 6. April 1919) — die Ausrufung der Bremer Räterepublik vorbereitet. Vertrauens- und Obleute der Garnison Bremen erklärten sich am 9. Januar in einer einstimmig angenommenen Resolution mit einer von den Kommunisten für den folgenden Tag angekündigten Demonstration einverstanden. Mit dem Bezirkssekretär der Bremer USPD, Adam Frasunkiewicz, vereinbarte Karl Jannack im Auftrag der KPD in Bremen die Proklamierung der Räterepublik.
Am. 10. Januar rief „Der Kommunist“ die Arbeiter Bremens zu einer Demonstration am Nachmittag auf. Um 16 Uhr versammelten sich die Arbeitermassen und zogen zum Rathaus. Es wurde von bewaffneten Arbeitern und Soldaten umstellt, Maschinengewehre wurden postiert. Arbeiterfunktionäre und Mitglieder des Soldatenrates sprachen zu den etwa 30.000 Demonstranten. Eine Delegation der Demonstranten begab sich zu dem im Rathaus versammelten Aktionsausschuß des Arbeiter- und Soldatenrates. Dieser ließ nach kurzer Beratung vom Rathaus herab die Errichtung der sozialistischen Republik Bremen ausrufen.
Unter den Hochrufen und dem Beifall der Versammelten betonte Frasunkiewicz : „Die beste Regierungsform für das Proletariat ist das Rätesystem.“ Er verkündete die Einsetzung eines Rates der Volkskommissare, die völlige Ausschaltung von Senat und Bürgerschaft, die Entfernung der Mitglieder der SPD aus dem Arbeiterrat, die weitere Bewaffnung der Arbeiter und die Entwaffnung aller bürgerlichen Elemente sowie die Verhängung des Standrechtes.
Starken Beifall fand auch die Mitteilung, daß ein Sympathietelegramm an die russische Räteregierung abgesandt worden sei, sowie der Beschluß, die Regierung Ebert-Scheidemann telegrafisch zum Rücktritt aufzufordern. Weitere Telegramme brachten den Arbeiter- und Soldatenräten im Reich die Nachricht, daß die Bremer Arbeiter ihr Geschick in die Hand einer proletarischen Regierung gelegt hatten. Sie forderten die Räte auf, sich dem Kampf gegen das „Blutregiment“ der Bourgeoisie anzuschließen.
Revolutionäre Machtorgane
In den Abend- und Nachtstunden wurden die Räteregierung und ihre Organe gebildet. Zuerst konstituierte sich der neue Arbeiterrat aus den Fraktionen der KPD und der USPD des am 6. Januar gewählten Arbeiterrates. Der neue Soldatenrat, dem Mitglieder der SPD ebenfalls nicht mehr angehörten, wurde hinzugezogen, und es begann die erste Sitzung des neuen Arbeiter- und Soldatenrates. Er wählte aus seiner Mitte als seine Vertretungskörperschaft den Rat der Volksbeauftragten (Rat der Volkskommissare): Alfred Henke (Vorsitzender), Adam Frasunkiewicz (2. Vorsitzender) und Kaiser als Vertreter der USPD. Johann Knief, Adolf Dannat und Ludwig Bäumer als Vertreter der KPD und für den Soldatenrat Johann Drettmann (USPD), Karl Jannack (KPD) und Rietschel (USPD).
Dieser Rat wurde als die „ausführende Regierungsgewalt“ bezeichnet. Er war dem Arbeiter- und Soldatenrat rechenschaftspflichtig. Dem Rat der Volksbeauftragten wurde als Kontrollinstanz der Vollzugsrat beigegeben, der sich aus je drei Mitgliedern der USPD und der KPD sowie aus den Leitern der neuen Volkskommissariate zusammensetzte. Die Volkskommissariate wurden dem Rat der Volksbeautragten und dem Vollzugsrat unterstellt. Im Arbeiterrat waren die KPD mit 75 und die USPD mit 74 Mitgliedern vertreten. Ein Teil der Letzteren unter Führung von Adam Frasunkiewicz stimmte oft gemeinsam mit den Kommunisten. Ähnlich war es im Rat der Volksbeauftragten. Im Arbeiter- und Soldatenrat — Stärke und Zusammensetzung des Soldatenrates waren nicht stabil — im Vollzugsrat sowie als Leiter von Volkskommissiariaten überwogen Vertreter des rechten Flügels der USPD. Die Hoffnung, daß sich dem Bremer Beispiel weitere Städte anschließen würden, erfüllte sich nur in geringem Maße.
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