Bottrop. Nach ihrem Einmarsch in die Stadt setzte die Marinebrigade Loewenfeld gleich zwei Standgerichte ein. Das erste tagte am 6. April von 17 bis 20 Uhr. Allein 14 Mann, die ihm vorgeführt wurden, kamen aus dem Ledigenheim der Zeche ,,Prosper“; hier waren am Vormittag mehrere Lastwagen vorgefahren, die Soldaten hatten sich die Essensliste geben lassen und die Namen aller Bergleute notiert, die in den letzten Wochen nicht zum Essen erschienen waren und bei denen der Koch unglückseligerweise einfach ,,Rote Armee“ notiert hatte — insgesamt 140 Namen, so daß es fast schon ein Wunder war, daß nur 14 Bergleute ausgewählt und abgeführt wurden.
Andere Angeklagte waren in ihren Wohnungen verhaftet worden, und mindestens einer, der junge Bergarbeiter Fritz Pentoch , der Ende März eine Woche lang bei der Roten Armee gewesen war und den Rat von Freunden, vor der Reichswehr zu fliehen, im Vertrauen auf das Abkommen von Münster ausgeschlagen hatte, hatte sich sogar freiwillig gestellt.
Die Verhöre vor dem Standgericht waren die Farce eines Justizverfahrens. Zwar wurden auch Entlastungszeugen angehört, sie wurden jedoch von dem Gerichtsoffizier angeherrscht: ,,Sollten wohl auch dabei gewesen sein!“ Wieviele zum Tode verurteilt wurden, läßt sich nicht mehr feststellen. Gegen 21 Uhr (die Ausgangssperre erleichterte solche nächtlichen Exekutionen) wurden 14 Verurteilte in einem Busch an der alten Emscher erschossen.
Der Vater von Pentoch gab zu Protokoll, was er am Tatort sah: ,,Die Leichen lagen in einer Reihe, und es machte auf mich den Eindruck, als wenn man sie vorher aufgestellt und dann erschossen hätte. Es ist nach meiner Beobachtung gänzlich ausgeschlossen, daß die Leute etwa im Kampf dort gefallen sind. Ich hob meinen Sohn, der auf dem Gesicht lag, auf; dabei strömte das Blut aus einer großen Wunde in der Brust, die nach meiner Ansicht von einem Stich herrühren muß“.
Das zweite Standgericht der Marinebrigade verurteilte am 7. April drei Personen zu Tode; die Urteile wurden sofort vollstreckt.
Quelle: Töneböhn an Severing vom 11. April 1920 , in Nachlaß Severing A 3, kurz Obermeyer an Severing , ebenda; protokollierte Aussage von Pentoch , in RE 10. April 1920 = Vtr , 12. 4. 1920; prot. Aussage von P. Bandzia , in VstH , 15.4.1920 = FPE 17.4.1920 – , hier bei Lucas Märzrevolution III (1978)
Vorher - Nachher
Thema: Kapp-Putsch
Quelle(n): Märzrevolution im Ruhrgebiet III
(06. 04. 1920)
Schlagwort: Weisser Terror |