Der Aufstand in Berlin

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8. November 1918

Bis zum 8. November 1918 haben, dem Beispiel Kiel folgend, in Hamburg, Lübeck, Flensburg, Schwerin, Oldenburg, Bremen, Cuxhaven und Hannover Arbeiter- und Soldatenräte die Macht übernommen. Braunschweig und Bayern haben sich zu Volksrepubliken erklärt und die Monarchen entthront. Nur in Berlin kommt es noch nicht zum Aufstand, trotz Drängen der Spartakus-Aktivisten.  Seit der Festnahme von Oberleutnant Walz ist Vorsicht geboten, da niemand weiß, ob und was er ausgeplaudert hat und wo die Militärbehörde als nächstes zuschlägt. Die für den 8. November geplante Versammlung des Vollzugsausschusses zur Planung des Aufstands wird in die Fraktionsrätune der USPD im Reichstag verlegt. Auf dem Weg dorthin wird Ernst Däumig verhaftet, in dessen Aktentasche sich sämtliche Unterlagen befinden.

Luise Zietz, die Däumig auf dem Weg zu dem Treffen begleitet, entgeht der Verhaftung und kann den Vollzugsausschuss warnen. Sofort wird alles in die Wege geleitet, um am kommenden Tag den bewaffneten Aufstand auszulösen.

Während in den einen Druckereien die Aufrufe zum Aufstand gedruckt werden, kommt im Vorwärts-Gebäude der Gegenaufruf der SPD-Reichstagsfraktion in Millionenauflage aus den Rotationspressen. Die SPD-Führung will die Aktionen eindämmen; man solle den Verhandlungen der Reichsregierung vertrauen, die Friedensverhandlungen abwarten und von »unbedachten« Aktivitäten absehen. Neben solchen Appellen trifft die Regierung Vorkehrungen, den Aufstand in Berlin militärisch niederzuschlagen. Der gesamte Eisenbahnverkehr wird stillgelegt und die Lübbener Jäger und das Vierte Regiment der Naumburger Jäger werden in die Stadt beordert.

Diese Einheiten haben bereits gegen Revolutionäre in Russland gekämpft und gelten als absolut kaisertreu. Um möglichst wenig Aufsehen zu erregen, besetzen sie gegen drei Uhr nachts wichtige Regierungsgebäude. Ferner werden aus allen in Berlin verfügbaren Offiziere Abwehrformationen zusammengestellt. Die Polizei erhält kriegsmäßige Ausrüstung und wird insbesondere im Polizeipräsidium, im Rathaus und im Stadtschloss konzentriert.

„Jetzt, wo die Stunde der Entscheidung nahte, erfaßte mich ein beklemmendes Geflihl, eine große Sorge um meine Klassengenossen, um das Proletariat. Ich selbst kam mir angesichts der Größe der Stunde beschämend klein und schwach vor.«“ schreibt Richard Müller später.

nach Bernd Langer: Revolution und bewaffnete Aufstände in Deutschland 1918-1923

 

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