Im Vorwort schreibt Erhard Lucas :“Rote Armee“ im Ruhrgebiet – fragt man heute Bewohner des Ruhrgebietes nach jenem aufregenden Geschehen im Jahre 1920, so erhält man von jenen, die etwas gehört haben oder sogar Augenzeugen waren in der Regel Antworten, die die Wirklichkeit geradezu auf den Kopf stellen. Man mache einen Test und frage nach dem Kampf um den Essener Wasserturm, so wird man fast immer die Geschichte zu hören bekommen, wie die „Roten“ einige Dutzend brave Polizisten und Essener Bürger ,,viehisch abgeschlachtet“ haben.
Das läßt sich nicht einfach damit erklären, daß die Ereignisse nunmehr 10 Jahre zurückliegen und das menschliche Gedächtnis über eine so lange Zeit hinweg die Dinge nicht mehr richtig erinnert. Das hängt vielmehr damit zusammen, wie das Geschehen von 1910 in der Folge dargestellt worden ist. Die Geschichtsschreibung wiederum ist nicht zufällig entstanden, sondern ist eín Produkt der deutschen Geschichte.
Die 12 Jahre nationalsozialistischer Herrschaft, unter der das Geschichtsbild von Männern wie Spethmann durchgesetzt wurde, haben das Geschichtsbewußtseln der deutschen Arbeiterklasse so gründlich zerstört, daß es vorerst fraglich Ist, ob es je wiederbelebt werden kann.
( Erhard Lucas , Juli 1970)
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