Der Wiederhersteller des oberrheinischen Bundschuhs war Joß Fritz aus Untergrombach , Flüchtling von der Verschwörung von 1502, ein ehemaliger Soldat und ein in jeder Beziehung hervorragender Charakter. Er hatte sich seit seiner Flucht zwischen Bodensee und Schwarzwald an verschiedenen Orten aufgehalten und sich schließlich in Lehen bei Freiburg im Breisgau niedergelassen, wo er sogar Bannwart geworden war.
Wie er von hier aus die Verbindung reorganisierte, wie geschickt er die verschiedenartigsten Leute hineinzubringen wußte, darüber enthalten die Untersuchungsakten die interessantesten Details. Es gelang dem diplomatischen Talent und der unermüdlichen Ausdauer dieses Musterkonspirateurs, eine ungemeine Anzahl von Leuten der verschiedensten Klassen in den Bund zu verwickeln: Ritter, Pfaffen, Bürger, Plebejer und Bauern; und es scheint ziemlich sicher, daß er sogar mehrere, mehr oder minder scharf geschiedne Grade der Verschwörung organisierte.
Alle brauchbaren Elemente wurden mit der größten Umsicht und Geschicklichkeit benutzt. Außer den eingeweihteren Emissären, die in den verschiedensten Verkleidungen das Land durchstreiften, wurden die Landstreicher und Bettler zu den untergeordneteren Missionen verwandt. Mit den Bettlerkönigen stand Joß in direktem Verkehr und hielt durch sie die ganze zahlreiche Vagabundenbevölkerung unter der Hand. Diese Bettlerkönige spielen in seiner Verschwörung eine bedeutende Rolle.
Es waren höchst originelle Figuren: Einer zog mit einem Mädchen umher, auf dessen angeblich wunde Füße er bettelte; er trug mehr als acht Zeichen am Hut, die vierzehn Nothelfer, St. Ottilien, unsere Frauen u.a., dazu einen langen roten Bart und einen großen Knotenstock mit Dolch und Stachel; ein anderer, der um St. Veltens willen heischte, hatte Gewürz und Wurmsamen feil, trug einen eisenfarbnen langen Rock, ein rotes Barett und das Kindlein von Trient daran, einen Degen an der Seite und viele Messer nebst einem Dolch im Gürtel; andre hatten künstlich offengehaltene Wunden, dazu ähnliche abenteuerliche Kostüme.
Es waren ihrer mindestens zehn; sie sollten, gegen 2.000 Gulden Belohnung, zu gleicher Zeit im Elsaß, in der Markgrafschaft Baden und im Breisgau Feuer anlegen und sich mit wenigstens 2.000 Mann der Ihrigen auf den Tag der Zaberner Kirchweih in Rosen unter das Kommando Georg Schneiders , eines ehemaligen Landsknechthauptmanns stellen, um die Stadt einzunehmen.
Unter den eigentlichen Bundesmitgliedern wurde von Station zu Station ein Stafettendienst eingerichtet, und Joß Fritz und sein Hauptemissär, Stoffel von Freiburg , ritten fortwährend von Ort zu Ort und nahmen nächtliche Heerschau ab über die Neuangeworbenen. Über die Verbreitung des Bundes am Oberrhein und im Schwarzwald legen die Untersuchungsakten hinreichend Zeugnis ab; sie enthalten unzählige Namen von Mitgliedern, nebst den Signalements, aus den verschiedensten Orten jener Gegend.
Die meisten sind Handwerksgesellen, dann Bauern und Wirte, einige Adelige, Pfaffen (so der von Lehen selbst) und brotlose Landsknechte. Man sieht schon aus dieser Zusammensetzung den viel entwickelteren Charakter, den der Bundschuh unter Joß Fritz angenommen hatte; das plebejische Element der Städte fing an sich mehr und mehr geltend zu machen.
in: „Friedrich Engels: Der deutsche Bauernkrieg“ – geschrieben im Sommer 1850, zuerst in: „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue“, Fünftes und Sechstes Heft, Mai bis Oktober 1850, von Friedrich Engels zuletzt bearbeitet 1875.
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Thema: Bauernkriege
Quelle(n): Der deutsche Bauernkrieg, Neue Rheinische Zeitung
(02. 05. 1502)