Der schwäbisch-fränkische Bauernkrieg
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24. April 1530
Während der Schwarzwald-Hegauer Haufe unter Hans Müller von Bulgenbach mit Ulrich von Württemberg konspirierte und zum Teil seinen vergeblichen Zug nach Stuttgart mitmachte (Februar und März 1525), standen die Bauern im Ried, oberhalb Ulm, am 9. Februar auf, sammelten sich in einem von Sümpfen gedeckten Lager bei Baltringen, pflanzten die rote Fahne auf und formierten, unter der Führung von Ulrich Schmid, den Baltringer Haufen. Sie waren 10.000 bis 12.000 Mann stark.
Am 25. Februar zog sich der Oberallgäuer Haufen, 7.000 Mann stark, am Schussen zusammen, auf das Gerücht hin, daß die Truppen gegen die auch hier aufgetretenen Mißvergnügten heranzögen. Die Kemptner, die den ganzen Winter über mit ihrem Erzbischof im Streit gewesen, traten am 26. zusammen und vereinigten sich mit ihnen. Die Städte Memmingen und Kaufbeuren schlossen sich, unter Bedingungen, der Bewegung an; doch trat schon hier die Zweideutigkeit der Stellung hervor, die die Städte in diesem Kampf einnahmen. Am 7. März wurden in Memmingen die zwölf Memminger Artikel für alle Oberallgäuer Bauern angenommen.
Auf Botschaft der Allgäuer bildete sich am Bodensee, unter Eitel Hans, der Seehaufen. Auch dieser Haufe verstärkte sich rasch. Das Hauptquartier war in Bermatingen.
Ebenso standen im unteren Allgäu, in der Gegend von Ochsenhausen und Schellenberg, im Zeilschen und Waldburgschen, den Herrschaften des Truchseß, die Bauern auf, und zwar schon in den ersten Tagen des März. Dieser Unterallgäuer Haufen lagerte, 7.000 <Bei Zimmermann: 5.000> Mann stark, bei Wurzach.
Diese vier Haufen nahmen alle die Memminger Artikel an, die übrigens noch viel gemäßigter waren als die der Hegauer und auch in den Punkten, die sich auf das Verhalten der bewaffneten Haufen zum Adel und den Regierungen bezogen, einen merkwürdigen Mangel an Entschiedenheit zur Schau tragen. Die Entschiedenheit, wo sie kam, kam erst im Laufe des Kriegs, nachdem die Bauern Erfahrungen über die Handlungsweise ihrer Feinde gemacht hatten.
Gleichzeitig mit diesen Haufen bildete sich ein sechster an der Donau. Aus der ganzen Gegend von Ulm bis Donauwörth, aus den Tälern der Iller, Roth <381> und Biber kamen die Bauern nach Leipheim und schlugen dort ein Lager auf. Von 15 Ortschaften war jeder waffenfähige Mann, von 117 waren Zuzüge da. Der Führer des Leipheimer Haufens war Ulrich Schön, sein Prediger Jakob Wehe, der Pfarrer von Leipheim.
So standen anfangs März, in sechs Lagern, an 30.000 bis 40.000 insurgierte oberschwäbische Bauern unter den Waffen. Der Charakter dieser Bauernhaufen war sehr gemischt. Die revolutionäre – Münzersche – Partei war überall in der Minorität. Trotzdem bildete sie überall den Kern und Halt der Bauernlager. Die Masse der Bauern war immer bereit, sich auf ein Abkommen mit den Herren einzulassen, wenn ihr nur die Konzessionen gesichert wurden, die sie durch ihre drohende Haltung zu ertrotzen hoffte. Dazu wurde sie, als die Sache sich in die Lange zog und die Fürstenheere heranrückten, des Kriegführens überdrüssig, und diejenigen, die noch etwas zu verlieren hatten, gingen größtenteils nach Hause. Dabei hatte sich den Haufen das vagabundierende Lumpenproletariat massenweise angeschlossen, das die Disziplin erschwerte, die Bauern demoralisierte und ebenfalls häufig ab- und zulief. Schon hieraus erklärt sich, daß die Bauernhaufen anfangs überall in der Defensive blieben, in den Feldlagern sich demoralisierten und auch, abgesehen von ihrer taktischen Unzulänglichkeit und von der Seltenheit guter Führer, den Armeen der Fürsten keineswegs gewachsen waren.
Noch während die Haufen sich zusammenzogen, fiel Herzog Ulrich mit geworbenen Truppen und einigen Hegauer Bauern von Hohentwiel nach Württemberg ein. Der Schwäbische Bund war verloren, wenn die Bauern jetzt von der andern Seite her gegen die Truppen des Truchseß von Waldburg heranrückten. Aber bei der bloß defensiven Haltung der Haufen gelang es dem Truchseß bald, mit den Baltringer, Allgäuer und Seebauern einen Waffenstillstand abzuschließen, Verhandlungen einzuleiten und einen Termin zur Abmachung der Sache auf Sonntag Judika (2. April) anzusetzen. Währenddes konnte er gegen Herzog Ulrich ziehn, Stuttgart besetzen und ihn zwingen, schon am 17. März Württemberg wieder zu verlassen. Dann wandte er sich gegen die Bauern; aber in seinem eignen Heer revoltierten die Landsknechte und weigerten sich, gegen diese zu ziehn. Es gelang dem Truchseß, die Meuterer zu beschwichtigen, und nun marschierte er nach Ulm, wo sich neue Verstärkungen sammelten. Bei Kirchheim unter Teck hatte er ein Beobachtungslager zurückgelassen.
Der Schwäbische Bund, der endlich die Hände frei und seine ersten Kontingente beisammen hatte, warf jetzt die Maske ab und erklärte, daß er „“das, was die Bauern eigenen Willens sich unterfangen, mit den Waffen und mit Gottes Hülfe zu wenden entschlossen sei““.
Die Bauern hatten sich inzwischen streng an den Waffenstillstand gehalten. Sie hatten für die Verhandlung am Sonntag Judika ihre Forderungen aufgesetzt, die berühmten zwölf Artikel. Sie verlangten Wahl und Absetzbarkeit der Geistlichen durch die Gemeinden, Abschaffung des kleinen Zehnten und Verwendung des großen zu öffentlichen Zwecken nach Abzug des Pfaffengehalts, Abschaffung der Leibeigenschaft, des Fischerei- und Jagdrechts und des Todfalls, Beschränkung der übermäßigen Fronden, Steuern und Gülten, Restitution der den Gemeinden und einzelnen gewaltsam entzogenen Waldungen, Weiden und Privilegien und Beseitigung der Willkür in Justiz und Verwaltung. Man sieht, die gemäßigte, verträgliche Partei wog noch bedeutend vor unter den Bauernhaufen. Die revolutionäre Partei hatte schon früher im „“Artikelbrief““ ihr Programm aufgestellt. Dieser offne Brief an sämtliche Bauernschaften fordert sie auf, einzutreten in die „“christliche Vereinigung und Brüderschaft““ zur Entfernung aller Lasten, sei es durch Güte, „“was nicht wohl sein mag““, sei es durch Gewalt, und bedroht alle Weigernden mit dem „“weltlichen Bann““, d.h. mit der Ausstoßung aus der Gesellschaft und aus allem Verkehr mit den Bundesmitgliedern.
Alle Schlösser, Klöster und Pfaffenstifter sollen gleichfalls in den weltlichen Bann getan werden, es sei denn, daß Adel, Pfaffen und Mönche sie freiwillig verlassen, in gewöhnliche Häuser ziehn wie andre Leute und sich der christlichen Vereinigung anschließen. – In diesem radikalen Manifest, das offenbar vor dem Frühjahrsaufstand 1525 abgefaßt wurde, handelt es sich also vor allem um die Revolution, die vollständige Besiegung der noch herrschenden Klassen, und der „“weltliche Bann““ designiert nur die Unterdrücker und Verräter, die erschlagen, die Schlösser, die verbrannt, die Klöster und Stifter, die konfisziert und deren Schätze in Geld verwandelt werden sollen.
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Thema: Bauernkriege
Quelle(n): Der deutsche Bauernkrieg, Neue Rheinische Zeitung
(24. 04. 1530)