Achtundvierzig

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2. Januar 1919

Siebzig Jahre ist das nun her.
Siebzig Jahre wiegen so schwer.
Schwarz-rot-goldene Fahnen flatterten
Vater Wrangels Musketen knatterten –
Wofür?

Wie glühten die Herzen! wie glühten die Köpfe!
Kampf! Kampf gegen die Bürgertröpfe
gegen die nickenden Zipfelmützen –
Klatschen in trübe Fürstenpfützen –
Und dann?

Der große Sieg in den siebziger Jahren
ist uns verdammt in die Krone gefahren
Die Krone gleißte. Die Bürger krochen
Die treusten deutschen Herzen pochen
im Proletariat

Und dann? Die versprochenen herrlichen Zeiten!
Und dann? Wir wollen gen Frankreich reiten!
Und dann? Wir kämpfen gegen zwei Welten
Herz und Hirn haben den Deubel zu gelten –
Jetzt sitzt er in Holland

Wofür, mein Gott, hat die Freiheit geblutet?
Wofür wurden Männer und Mädchen geknutet?
Spartakus! Deutsche! So öffnet die Augen!
Sie warten, euch Blut aus den Adern zu saugen –
Der Feind steht rechts!

Zerfleischt euch nicht das eigene Herz!
Denkt an die Barrikaden im März –!
Wir litten so viel
Wollen wir nicht endlich Weltbürger werden?
Wir haben nur einen Feind auf Erden:
den deutschen Schlemihl!

Kaspar Hauser (das ist Kurt Tucholsky)
Die Weltbühne, 02.01.1919

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Ernst Busch sang dieses Lied zur Melodie von Siegfried Matthus mit verschärftem Text:

Siebzig Jahre ist das nun her. Siebzig Jahre wiegen schwer. Schwarz-rot-goldene Fahnen flatterten, Vater Wrangels Musketen knatterten – Wofür?

Wie glühten die Herzen: Wie glühten die Köpfe! Kampfbereit gegen Bürgertröpfe, gegen die nickenden Zipfelmützen – klatschen in trübe Fürstenpfützen – Und dann?

Der Bismarck-Sieg in den siebziger Jahren ist uns verdammt in die Krone gefahren. Die Krone gleißte. Die Bürger krochen. Die treuesten Herzen pochen im Proletariat.

Und dann? Die versprochenen herrlichen Zeiten! Und dann? Wir wollen ‚gen Frankreich reiten! Und dann? Wir kämpfen gegen zwei Welten, Herz und Hirn haben den Deubel zu gelten! So schwadronierte der Kaiser – Jetzt sitzt er in Holland

Proleten! Wer hat uns und die Freiheit geknutet? Proleten! Wofür sind Karl und Rosa verblutet? Zerfleischt euch nicht das eigene Herz! Denkt an die Barrikaden im März -! Soll der November nicht wieder so enden, Reißt eurem Todfeind die Macht aus den Händen! Der Todfeind steht rechts!

 

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